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100 Jahre BURG-WÄCHTER
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Timeline
Eine persönliche Geschichte über die Geschichte von BURG-WÄCHTER - von Patrick Depuhl
BURG-WÄCHTER - eine Geschichte von "kleinen" und "großen" Werten
Vor 101 Jahren. 1920. Der große Krieg ist noch nicht lange vorbei. Die Folgen überall sicht- und spürbar. 40 Länder und beinahe 70 Millionen Soldaten standen sich gegenüber. – Das Ende ist eine Katastrophe und eine Erlösung in einem.
Als wäre das nicht genug, schlägt ein Virus zu, die Mutter aller Pandemien wird sie später heißen: Die spanische Grippe zieht in 3 Wellen über die Welt und hinterlässt nochmals um die 50 Millionen Todesopfer. Die Welt ist unruhig. Voller Aufruhr und Unsicherheit: Blutbad vor dem Reichstag. Kapppusch und Ruhraufstand mit 50.000 Bewaffneten.
Gleichzeitig erwacht auch die Kunst neu: Das erste Mal wird Blues auf Schallplatte aufgenommen und die erste Jazzscheibe in Deutschland herausgebracht. Karl May wird erstmals verfilmt (stumm) und Zorro erscheint auf der Leinwand.
Am Fuße des Burgbergs der Burgruine Volmarstein – das Jahr ist noch nicht ganz vorbei, – entschließt sich Alfred, eine neue Zeit zu erschließen: Mit einem „Werkzeug der Zukunft“ – einem Hebel-Schraubhefter, startet er seine Unternehmung. Westfälische Vorgänger der Vorhängeschlösser gibt es schon seit 1750. Seit 1890 ist mit Friedrich Wilhelm die BURG aus dem Ruhrtal am Start – und ein Lüling am Werk. Aber ab jetzt, 1920 mit Alfred Lüling, wird die Burg bewacht: BURG-WÄCHTER. Die Burg im Blick, das Schloss im Sinn, fast Alfred schlussendlich den Entschluss, Schließschlösser zu erschließen und beschließt, das Vorhängeschloss als Vorzeigeobjekt zu entschlüsseln. 1922 kann man es für unglaubliche Preise zwischen 146,20 Mark und 675,20 erstehen. Aber zugegeben: Infolge von Inflation klingt das mehr im Ohr, als das es in der Kasse klingelt. In den Folgejahren wächst neben der Herstellung der Vertrieb: 1927 kommt das erste eigene vollgummibereifte Auto ins Spiel, um Aufträge zu erschließen.
In den 30ern geht der nächste Krieg los und der Verkauf wird zeitweise eingestellt. – Doch als der Schrecken vorüber ist, entwickelt man rasch weiter: In einem Kellerraum unter der Garage. Und langsam kommt die nächste Generation ins Spiel: Alfred. Adalbert. Friedhelm. Namen wie Gedichte. Ende 1960 hat man etwa 100 Mitarbeitende und wenn „Not am Mann“ ist, helfen die Damen aus dem Büro auch an den Fräsmaschinen aus. (Ich meine, das ist noch heute so – oder?)
Aber bei allem Neuen der 60er, bunten Werbebildern für Messingschlösser und einem neuen Schlosssitz in Meinerzhagen-Valbert, gibt es dunkele Moment. Zuerst stirbt Alfred 1960, dann 1964 Alfred Junior mit erst 39 Jahren. Immer wieder ist im Bewusstsein – bestimmte Schätze kann man schützen, – aber das Leben an sich liegt in anderen Händen. – Die „kleinen“ Werte, das Hab und Gut kann man ein- und abschließen. – Die großen Werte, das Hier und das Jetzt und das Kommende, das Ewige, das Leben an sich, muss man ausleben. Das Kostbarste bleibt kostenlos – und gleichzeitig unbezahlbar.
50 Jahre Burg-Wächter gibt’s schon. Da kommen die Tresore. Und die schönsten erinnern an ein klobiges Telefon: Sie haben eine Wählscheibe mit einem zweitourigen Schloss, dass 17.000.000 Schließungskombinationen einschließt; da wird sich so mancher Einbrecher gedacht haben: Kein Anschluss unter diesem Abschluss.
Mein erster Burgwächter war eine kleine blaue Geldkassette. Farbenfroh und stilstabil. In den 60er-Jahren sahen sie schon aus wie heute noch. – Aber burgwächterische Briefkästen. Da geht bei den Entwicklern die Post ab. Sie sind Schmuckstücke an der Hauswand im Wandel der Zeit. Gussbrief- und Kunststoffkästen. Schön schlicht wie Köln und Frankfurt, abgerundet wie der Kieler „Soft-Line“ oder – sagen wir eher rustikal-ausdrucksstarke Modelle – wie Wien und Athen, Paris mit „Napoleonhut“ oder die US-Mailbox mit schwenkbarer Signalfahne. – Das sind Zeitzeugen, der nennen wir es mal „Alltagskunst“. – Beim Anblick von so manchem Briefkastenmuster und Design vergangener Tage fragt sich der eine: Wie haben die das gemacht? – Und die andere fragt sich: Warum? Warum haben die das gemacht?
1984 kommt eine neue Generation von Lülings in Spiel: Harald. Dietmar. Reinhard. Kaum will man glauben, dass das schon 37 Jahre her ist, – bis man die Frisuren sieht. Dann erschließt sich auf den ersten Blick, das waren noch andere Zeiten.
Mit der Wiedervereinigung 1990 ist man sofort wieder im ganzen Deutschland unterwegs mit Sicherheit für ihre Werte und Wurstbrot-Büffet in Bitterfeld – und bald schon produzierend in Wismar. Und dann wird’s immer internationaler: vor gut 25 Jahren Rumänien. Vor gut 15 China, vor knapp 10 Frankreich und England.
Die nächste Produktion der Lülings tritt etwa zur gleichen Zeit auf den Plan: Christopher, Gerrit und Lennart. Und wieder arbeiten sie Seite an Seite mit der Vorgängergeneration. Wie schon bei der Gründung 1920 kommt zum hundertjährigen 2020 eine Pandemie ins Spiel. Das Schaffen geht weiter, doch das Feiern muss ein wenig warten.
Im großen Blick auf 100 plus 1 Jahre wird sichtbar, was sich verändert und was bleibt. Es wird zunehmend internationaler und elektronischer, digitaler. Mit Fingerabdruck, Transponder und Smartwatch. Die Frage, die es immer wieder neu zu stellen gilt: Was kann man wie abschließen, um die Zukunft sicher zu gestalten. Und vielleicht auch: Gibt es in der 5. Generation vielleicht keinen Chef-, sondern erstmals einen Chefinnensessel?
Gleichzeitig wissen wir: Schlösser gibt es nur, weil die Welt nicht perfekt ist.
Im Himmelreich wird nur von einem Schlüssel gesprochen. Den kriegt Petrus von Jesus mit den Worten ausgehändigt: „Dir werde ich den Schlüssel übergeben, der die neue Wirklichkeit Gottes aufschließt.“ (Bibelübersetzung: das Buch – Matthäus 16,19)
Tatsächlich. Die schützenswertesten Schätze lassen sich nicht ein-, sondern nur aufschließen. Ausgerechnet Offenheit erschließt Lebenswerte wie Ideenreichtum, einen Wissensschatz oder Vorstellungsvermögen. Der Schlüssel zu gutem Leben ist ausgerechnet: Aufgeschlossen sein.
Dankbarkeit dem Leben, den Menschen um uns und ich glaube auch Dankbarkeit dem Gegenüber, der die Schlüssel unseres Lebens in den Händen hält. Danke Gott für Leben. Für Farbenfreude und für Briefkästen. Für Wurzeln und Heimat, Familie und die Menschen um uns herum, die uns Gutes und guttun. Für Weihnachten, dein Geburtstag – und heute auch für 101 burgsichere Jahre.
Schade nur, dass der Schlossherr in Volmarstein, damals wohl nur Leib-, aber kein BURG-WÄCHTER hatte. Dann hätten wir heute sicher noch eine Burg – und nicht bloß eine Ruine.